Arbeitspaket 4: Betrieb Control-Center vkw++

Status: Abgeschlossen

Ziel:

Das Ziel des Arbeitspaketes ist es, den Pilotbetrieb des vkw++ organisatorisch und inhaltlich zu planen und durchzuführen.

Das Arbeitspaket 4 startete mit Abschluss des Arbeitspaketes 1.

Ergebnis:

Zu Beginn des Projektjahres 2018 wurden die Pilot-Netzabschnitte überprüft und notwendige Erweiterungen in Form von Mess- und Kommunikationstechnik festgelegt. Im Anschluss wurden bei den Netzbetreibern interne Prozesse zur Beschaffung und Installation der Komponenten angestoßen.

Der operative Schwerpunkt lag im Jahr 2018 auf der Vorbereitung und Durchführung der Inselnetzversuche auf dem Gelände des Tagebaues Inden der RWE Power GmbH. Die ersten Inselnetzversuche konnten weitgehend unabhängig von dem noch im Aufbau befindlichen QUIRINUS Control-Center durchgeführt werden. So konnte die Implementierung und Entwicklung des vkw++ Control-Centers in enger Abstimmung zum AP3 zeitgleich mit der Durchführung des ersten Inselnetzversuches stattfinden.

Im Jahr 2019 wurde dann der Schwerpunkt auf den Funktionalitätstest und die Validierung des QUIRINUS Control-Centers verlagert. Parallel wurden die Komponenten des Inselnetzes von Inden nach Gangelt transportiert, um dort die positiven Ergebnisse aus Inden in einer komplexeren Netzstruktur zu verifizieren.

Im Jahr 2020 wurden alle mit dem QUIRINUS Control Center verbundenen Feldversuche und die Inselnetzversuche in Gangelt durchgeführt.

Ergebnisse der einzelnen Szenarien:

Szenario 1: Netzführung nach dem Ampelkonzept

Da in den Energieverteilnetzen im Mittel- und Niederspannungsbereich üblicherweise großzügige Leistungsreserven eingeplant sind, um den sicheren und überlastfreien Betrieb der Netze mit vergleichsweise wenigen Kontrollmessungen gewährleisten zu können, sind die Chancen, im derzeitigen Stand des Netzzubaus eine rote Ampel in „Echtzeit“ zu erzeugen, sehr gering.

Daher wurden die Grenzwerte der Ampelzustandswerte verändert, um den „roten“ Ampelzustand bewusst herbeizuführen und durch Maßnahmen mit dem QUIRINUS Control-Center den „grünen“ Zustand wiederherzustellen.

Basierend auf den Erkenntnissen des Projektes Quirinus werden zukünftig auch Netzausbaukontrollen möglich sein, die aus der Kombination der in Arbeitspaket 2 prognostizierten Zubau-Szenarien und den realen Messdaten eine neue Dimension der Netzausbauplanung möglich machen werden.

Die Aussagen zu den Ampelzuständen und Grenzwertveränderungen gelten analog auch für die Prognose, hier wechselt der Ampelzustand zwischen „gelb“ und „grün“.

Im QUIRINUS-Projekt wurden diese Versuche für ausgewählte Pilotnetze der Mittel- und Niederspannungsebene sowohl in der Prognose als auch im Echtzeitbetrieb durchgeführt.

Szenario 2: Flexibilität (Systemdienstleistungen)

In einem nach dem Szenario 1 optimierten Netz muss der Abruf von Flexibilität stets mit den lokalen Möglichkeiten der Netzinfrastruktur koordiniert werden. Die identifizierte Flexibilität kann summiert an entsprechenden Netzübergabepunkten (Connection Points) mit Berücksichtigung der Verteilnetzdienlichkeit eine systemrelevante Wirkung entfalten.

Um die Verhaltensweisen von Flexibilität besser kategorisierbar zu machen, unterscheiden wir im Szenario 2 zwischen Sollwertflexibilität und Fahrplanflexibilität.

Sollwertflexibilität:

Hierunter fallen Anlagen, die spontan auf eine Sollwertvorgabe mit einer Leistungsanpassung reagieren können, ohne einen vor- bzw. nachgelagerten Prozess (z.B. einen industriellen Fertigungsprozess) zu behindern.

Beispiel für solche Anlagen sind Photovoltaikanlagen, speichernde Prozesse (wie z.B. Kühlhäuser) oder auch dedizierte Energiespeichersysteme.

Fahrplanflexibilität:

Um das größtmögliche Flexibilitätspotential aus dem Verteilnetz zu schöpfen, wird eine Prognose des Flexibilitätsbedarfs für den Folgetag erstellt. Dies soll Industriekunden ermöglichen, ihr Netznutzungsverhalten unter Berücksichtigung möglicher prozessabhängiger Nebenbedingungen anzupassen.

Auf Grundlage einer Flexibilitätsbedarfsprognose werden „Wunschfahrpläne“ an Flexibilitätsteilnehmer übermittelt. Diese Teilnehmer (meist Kunden des eigenen Netzgebietes) übersenden anschließend einen auf ihre Prozesse angepassten Fahrplan, der wiederum in die neue Prognose einfließt.

In 2019 wurde das dafür notwendige Modul des vkw++ fertiggestellt und getestet. In diese Tests waren sowohl Blockheizkraftwerke, Speichersysteme, EE-Anlagen als auch Industriekunden involviert.

Ergebnis:

Mit den Feldversuchen, die in 2020 erfolgreich durchgeführt wurden, konnte die Verfügbarkeit der Systemdienstleistung grundsätzlich nachgewiesen werden. Die kontinuierliche Nutzbarkeit der Systemdienstleistung an den Connection Points hängt in hohem Maße von der Gesamtleistung der gleichzeitig zur Verfügung stehenden beeinflussbaren Anlagen und der Volatilität im zu Grunde liegenden Netz ab.

Szenario 3: Inselnetz

Pilotphase 1:

Die Entwicklungsarbeiten in Pilotphase 1 im Netzgebiet der RWE zielten auf die technische Realisierung der Hybridisierung eines BHKW und eines schwungradbasierten Hochleistungsspeichers zur prototypischen Bereitstellung für den Einsatz im Rahmen des Inselnetzszenarios des Quirinus vkw++ Projektes.

Dieses Szenario soll demonstrieren, wie durch geeignete technische Maßnahmen und netztopologische Konzeption die lokale Versorgungsqualität und Versorgungssicherheit auf Verteilnetzebene bei zukünftigem Ausbau Erneuerbarer Energien signifikant erhöht werden kann.

Die mit dem Wegfall konventioneller Großerzeuger und der daraus resultierenden Verringerung verfügbarer Momentanreserven zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Netzstabilität sollen durch dezentrale regelungstechnische Maßnahmen und hochdynamische Lastflusskompensation lokal kompensiert werden.

Exemplarisch wird dies hier durch die Hybridisierung eines BHKW des Typs avus 500plus der 2G Energy AG mit einem Schwungradspeichersystems DuraStor250 der Stornetic GmbH umgesetzt (Abbildung 6).

Pilotphase 1

Auf Basis der Konzepte aus AP1 wurde für die ersten operativen Pilotversuche im Rahmen von Quirinus das Netzgebiet „Brunnen Viehöven“ der RWE Power ausgewählt. Das Gebiet befindet sich am nordöstlichen Rand des Tagebaus Inden.

Hier betreibt RWE zahlreiche Pumpen zur Grundwasserförderung. Das ausgewählte Netzgebiet umfasst einen Strang des 6kV-Netzes am Tagebaurand mit mehreren Kompaktstationen und unterlagerten 500V-Netzen zum Betrieb der Pumpen. Der Anschluss des Hybriden erfolgte durch eine zusätzlich ins Netz integrierte 6/0,4kV Kompaktstation.

Die Vorbereitung des Netzes und der Aufbau der Komponenten erfolgte im Frühjahr 2018 und wurde im Rahmen von AP4 abgewickelt.

Für die technische Implementierung in Pilotphase 1 ergaben sich für die Hybridisierung von BHKW und Schwungradspeichersystem daraus folgende Hauptziele:

  1. Steigerung der Netzstabilität und -qualität im Inselnetzbetrieb
  2. Nachweis der Schwarzstartfähigkeit des Systems
  3. Erhöhung der Versorgungssicherheit durch Erweiterung der Betriebsgrenzen des BHKW
  4. Schnelle Leistungsregelung im Netzbezugspunkt durch dynamische Kompensation transienter Leistungsgradienten
  5. Unterbrechungsfreie Trennung und Rückführung der Wabe von bzw. an die übergeordnete Netzebene

Ergebnis:

Mit den Arbeiten zur Implementierung des Hybridsystems konnten die technischen Vorgaben aus dem Arbeitspaket Design zum Aufbau eines dynamisch koppelbaren Verteilnetzes (Wabe) erfolgreich umgesetzt werden. Anhand der demonstrierten Referenzversuche in Pilotphase 1 wurde die Möglichkeit einer zukünftigen hochqualitativen und sicheren Netzversorgung demonstriert.

Pilotphase 2:

Mit den Erkenntnissen aus der ersten Pilotphase wurde das Hybridsystem in eine komplexere Wabe eingebunden. Diese Wabe befand sich im Netzgebiet der NEW in Gangelt-Birgden bei einem ortsansässigen Landwirt und Biogasanlagenbetreiber.

Die Wabe bestand aus einer komplexen Bestandsanlage des Landwirts (zwei Photovoltaikanlagen, zwei Biogas-Blockheizkraftwerke und deren Prozesstechnik). Diese sollten ohne Modifikationen oder Erweiterungen ihrer Funktionalität in das Inselnetzszenario eingebunden werden.

Für die technische Implementierung in Pilotphase 2 ergaben sich für die Hybridisierung von BHKW und Schwungradspeichersystem daraus folgende Hauptziele:

  1. Erhalt der Netzstabilität und -qualität im Inselnetzbetrieb bei gleichzeitiger Einbindung von fluktuierender Erzeugung
  2. Nachweis der Schwarzstartfähigkeit des gesamten Systems
  3. Erhöhung der Versorgungssicherheit durch Einbindung von Erneuerbarer Energie in eine Wabenstruktur
  4. Schnelle Leistungsregelung im Netzbezugspunkt durch dynamische Kompensation transienter Leistungsgradienten mit fluktuierender Erzeugung
  5. Unterbrechungsfreie Trennung und Rückführung der Wabe von bzw. an die übergeordnete Netzebene

Ergebnis:

Die Inselnetzversuche wurden im ersten Quartal 2020 erfolgreich durchgeführt. Die komplexe Wabe konnte durch den Einsatz der Hybridanlage in einem stabilen Zustand gehalten werden. Auch bei größeren Lastsprüngen konnte das Gesamtsystem aufrechterhalten werden. Das Abschalten einzelner Anlagen und die Rücksynchronisierung auf das Inselnetz stellte kein Problem dar.

Die Spannungs- und Frequenzqualität konnte dabei auf dem Niveau des Verbundbetriebes gehalten werden.